Ich bin einfach eine evolutionäre Meisterleistung. Das muss einmal gesagt werden. Eigenlob stinkt gar nicht. Eigenlob ist wie Eigenliebe, extrem wichtig! Ja, Rufzeichen.
Am Anfang war es eine Idee
Die Geschichte beginnt mit der Erkenntnis, dass so Netztaschen, ob ihrer Hässlichkeit, extrem praktisch sind. Vor allem für Sand- und Badespielzeug. Die Taschen werden nicht richtig nass oder dreckig, man kann alles reinwerfen und man sieht was drinnen ist. Alles was größer ist, als die Sachen die drinnen bleiben sollen, fliegen raus. Extrem praktisch. Mir geht sowas in unterschiedlichen Größen ab. Kostenpunkt wenn man die Teile kauft: sieben bis zu viele Euro (nach oben wie immer keine Grenze). Nicht sonderlich teuer, aber auch irgendwie nicht so wichtig, dass ich mir gleich drei kaufe.
Unbedacht hat meine Mama vor ein paar Wochen nicht gerade hochwertige Polyesterwolle bei mir deponiert. Also dachte ich mir, häkelst dir so eine Tasche. Kann ja nicht so kompliziert sein. Ich habe in meinem Leben immer wieder gerne gehäkelt, dann auch wieder gestrickt, dann wieder Jahre nichts von alldem angerührt. Ich bin also kein Anfänger und auch kein Profi.
Dann war es ein Projekt
Gesagt getan. Garn ausgekramt, Häkelnadel ausgekramt. Smartphone gezückt um eine Anleitung zu googeln.
Mensch, gibt es viel Schrott im Netz. Viel zu mühsam.
Nachdem ich ja kaum Erwartungen hat die Tasche habe, kann ich auch ohne Anleitung. Ich bin ja auch nicht so der Typ-Gebrauchsanleitung. Ich probiere lieber alle Knöpfe mal aus (meinen Partner treibt das übrigens zur Weißglut).
Ich habe also eine Häkelnadel und ein Wollknäuel vor mir liegen und lege los. Es rennt wie am Schnürchen, ich mache Pläne während ich häkle, überlege mir wie groß der Boden der Tasche ungefähr werden soll und nehme nach Gefühl zu. Irgendwann gehts nur noch nach oben, Luftmasche um Luftmasche, jede Achte eine Feste. Es rennt einfach. Irgendwann denke ich mir, groß genug. Der Rand, perfekt. Jetzt noch die Riemen, nach ein paar Anlaufschwierigkeiten auch gelungen. Die Wolle wird zum Schluss knapp. Es geht sich grad noch aus. Faden vernähen. Fertig. Das große Kind erwacht aus dem Mittagsschlaf just in dem Moment in dem ich den letzten Faden nach drei Tagen häkeln vernäht habe, was für ein Timing.
Ich liebe die Tasche. Sie ist einfach gelungen.
Ich trage die Verantwortung für die Bewertung des Ergebnisses
Und während ich noch häkle ist sie da die Erkenntnis. Ich hätte mich im Zuge des Projekts mehrmals selbst sabotieren können. Zu oft hätte ich zu mir sagen können:“Ach, im Internet sahen die aber besser aus!“. Ich hätte mich hinterfragen und kritisieren können. Hätte aus Unsicherheit drei Anleitungen googeln und dann völlig verwirrt eine vierte daraus designen können. Auftrennen wieder anfangen. Wegwerfen. Vor Zorn sich den Zeh anhauen. Alles schon erlebt.
Diesmal war es anders. Ich habe meine inneren Kritiker die meiste Zeit einfach ignoriert und mir gesagt, das macht ihr mir nicht kaputt – ich habe nämlich keine Zeit dazu! Ich war dann die meiste Zeit geduldig und neugierig, habe beobachtet und entschieden. Habe mich nicht mit anderen verglichen und einfach meine Tasche gehäkelt. Und ganz nebenbei habe ich mir dann gedacht wie beeindruckend das eigentlich ist, was der Mensch kann und leistet. Wie wir von diesen ziemlich hilflosen Babies zu Menschen werden, die so viel können und leisten (Häkeln ist da sicher weiter unten im Ranking, aber auch eine Leistung).
Und obwohl wir alle Ergebnis einer wundervollen evolutionären Meisterleistung sind, machen sich so viele von uns fertig, kritisieren sich und sabotieren sich. Ich kenne das gut von mir. Gerade wenn es um das Thema Mamasein geht, eben um ganz persönliche und individuelle Qualitäten, bei denen jede Kritik und jeder Vergleich im Grunde schon sinnlos ist.
Das Ignorieren alleine ist leider keine Lösung, denn haben die inneren Kritiker, einmal Angst um ihre Existenz werden sie lauter und sabotieren vielleicht noch gewiefter. Was mir das Ignorieren aber beigebracht hat, ist für die Sprache, die ich im eigenen Gedankengespräch mit mir wähle, eine gewisse Achtsamkeit zu entwicklen. Bin ich liebevoll und geduldig? Lasse ich auch mal Fehler zu? Wie gehe ich damit um, dass ich mal traurig oder enttäuscht bin? Tröste ich mich oder mache ich mich noch fertiger? Mit welchem Anteil von mir spreche ich denn, ist es mein neugieriges und lernfreudiges inneres Kind das ich gerade mit meiner erwachsenen Erwartungshaltung klein rede?
Ja es ist meine bewusste Entscheidung wie ich mit mir selber umgehe. Kann ich vielleicht nicht verhindern, dass ich auch mal kritisch oder abwertend zu mir bin, so kann ich dann aber im Gegenzug immer wieder versuchen liebevoll und sanft zu sein. Ganz bewusst.
Ich bin ein Vorbild für mein Kind
Peggy O’Mara hat geschrieben:“ The way we talk to our children becomes their inner voice.“ Ja, das glaube ich auch, und ich würde auch noch weitergehen. Denn Kinder schauen sich alles ab. Auch wie wir mit uns selbst umgehen. Ärgern wir uns zum Beispiel, wenn uns etwas nicht gelingt, so ist es wahrscheinlich dass auch unsere Kinder dieses Verhalten übernehmen. Mich motiviert diese Vorbildfunktion, noch genauer hinzusehen.
Ich kann aber auch verstehen, dass das Druck erzeugt und dann wiederum genau das Gegenteil bewirkt: Kritik statt Anerkennung. In solchen Momenten erinnere ich mich gerne an ein Buch von Gay Hendricks, Learning to love yourself, in dem steht sinngemäß gleich zu Beginn: Wenn du dich nicht lieben kannst, dann fang damit an dich zu lieben, weil du dich nicht lieben kannst. Der erste Schritt ist also anzunehmen wo man gerade steht, egal wo das ist. Kritisiere ich mich noch ständig, dann ist das eben so, dann liebe ich mal das und dann schaue ich weiter. Das Annehmen und lieben ist der erste und größte Schritt aus einem lange eingefahrenen Teufelskreis. Dann immer wieder loben, lieben und beobachten. Den Weg neugierig erforschen.
Und damit bin auch schon am wieder Anfang: Eigenlob ist enorm wichtig. Und ja mir ist es auch komisch vorgekommen, das zu Beginn des Artikels zu schreiben, aber ich bin nun mal eine evolutionäre Meisterleistung.
Du übrigens auch!
Ja, die Tasche auf dem Bild ist übrigens das Ergebnis des Experiments.
© picture by sinn-impuls.at
Ich will auch so eine. Machst du mir eine?
Gerne liebe Kathrin
Gut gemacht! Den inneren Kritiker ignorieren – eigentlich keine richtig gute Idee (du hast es allerdings später selbst super beschrieben) , ich glaube aber, er war stumm vor Staunen und Bewunderung. Alles Liebe zu dir nach Wien, Sabine
Danke Dir! Ja es war ein spannendes Experiment und mir gefällt dein Bild, mit dem Staunen :). Alles Liebe