Afterbabybody: wieso mich ein Kompliment echt wütend gemacht hat

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Afterbabybody: wieso mich ein Kompliment echt wütend gemacht hat

Schon vor einiger Zeit habe ich ein Kompliment bekommen. Ich sehe gut aus. Nach zwei Kindern sowieso. Sieht man mir gar nicht an.

Zuerst habe ich mich gefreut. Und dann kam so eine richtige Wut auf.

Was mein Körper leistet

Dieses Wort: Afterbabybody. Als ob es irgendwas zu beweisen gibt. Ich kann Kinder kriegen und man sieht es mir nicht an! So ein Schwachsinn. Unser Körper ist nicht dazu da um schön zu sein. Ja auch. Aber in all seinen Facetten. Mit all den Geschichten, die er zu erzählen hat. Mit allen Narben und Falten.

Ich habe mich nicht bemüht, wieder wie vor den Geburten auszusehen (tu ich auch nicht). Es ist mir nicht wichtig. Ich weiß, dass ich mich verändert habe durch die Schwangerschaften, durch das Stillen, durch das Mamasein UND durch das Alter. Man darf das ruhig sehen, finde ich.

Es ist deswegen auch nicht meine (bewusste) Leistung, dass man mir die Geburten auf den ersten Blick nicht ansieht. Ich lebe normal, achte etwas auf meine Ernährung und bewege mich durchschnittlich viel. Ich habe zwei Kinder, Sofasitzen ist da ja sowieso eher selten.

Also an wen war dieses „Kompliment“? Ist gutes Aussehen überhaupt eine Leistung, die man bewerten sollte?

Ja, das Kompliment war FÜR meinen Körper, aber definitiv nicht für sein Aussehen, denn das ist das unwichtigste, dass mein Körper momentan leistet.

Zwischen der Abwehr von Kindergartenviren und der Kompensation von Schlafmangel, produziert er Nahrung für meinen Sohn. Das ist jetzt. Und davor? Hat er meine beiden Kinder neun Monate getragen und sicher geboren. DAS war eine Leistung. Und auf die bin ich auch stolz.

Phasen des Zweifelns

Ja, die habe ich auch. Das Frauenbild prägt auch mein Unterbewusstsein. Das Streben nach unvergänglicher Jugend und straffer Haut, lässt mich auch nicht immer kalt. Die alten Hosen passen nicht mehr, das teure Kleid von 2007 hängt verstaubt im Schrank – wie hab ich da jemals reingepasst?

Aber, ich will meinen Körper nicht mehr anpassen müssen, er ist gut, er ist gesund, er ist wertvoll. Die Kleidung muss sich also an mich anpassen. Die Hosen werden verschenkt und aus dem Kleid habe ich mir einen Rock genäht.

Die Zweifel nehme ich an, die kommen. Sie gehen aber auch wieder. Ich werde nicht mehr jünger, das geht nicht. In 20 Jahren werde ich mir denken: Wahnsinn, war ich mit Ende 30 knackig und fit. An was habe ich damals gezweifelt?

Mir Gutes tun

Ich will mich nicht ablehnen. Will nicht glauben, dass ich nicht gut genug bin oder nicht schön genug (für was oder wen überhaupt?). Aber ich will mir Gutes tun. Mich nähren. Mit gutem wertvollen Essen, mit Massagen und entspannender Bewegung. Es geht nicht darum, dass mir mein Aussehen egal ist oder dass ich mich jetzt total gehen lasse. Ich will mich aber mit einer anderen Haltung um mich kümmern. Eben nicht damit ich anderen gefalle, sondern damit ich mich wohl fühle. Spüren was gut tut und das tun.

Ja, wenn ich das so sehe kann ich dieses Kompliment auch annehmen. Vielleicht ging es ja bei dem Kompliment auch um mehr als nur mein Aussehen. Vielleicht kam da auch Bewunderung zum Ausdruck. Denn es ist ein Wunder, was der Körper leistet und es ist mehr als ok, wenn man es ihm auch ansieht.

Text und Bild © Sinn-Impuls.at

7 KOMMENTARE

  1. Danke Dir für diesen wunderbaren Artikel, der kam gerade zur richtigen Zeit. Ich bin ebenfalls Mama von 2 wundervollen Kindern, die letzte Geburt ist gerade mal 9,5 Wochen her. Ich habe letztens ein ähnliches Kompliment bekommen und konnte auch nicht so viel damit anfangen ehrlich gesagt. Mir geht es nämlich auch nicht mehr darum „gut auszusehen“ für andere. Aber es ist ein Wunder, was mein Körper geleistet hat und dafür bin ich ihm dankbar 🙂

  2. Hallo Julia,
    ich bin also nicht die einzige, die das komisch findet ?
    Ich weiß auch nie was ich sagen soll, wenn jemand sowas sagt. „Drei?! Dafuer siehst du aber gut aus!“ Oder auch „Sieht man dir aber gar nicht an!“ ? Da fuehlt man sich doch staendig unter Druck und beobachtet. Da hab ich natuerlich null Bock drauf. Aber auch wenn man zum 100sten Mal hoert: „Mensch, heut siehste aber fertig aus!“…oehm, danke! Kann man sich doch echt verkneifen oder?!
    Liebe Gruesse, Anne

    • Hallo Anne, Danke für deinen Kommentar! Ich frag mich halt auch, warum jemand überhaupt unseren Körper kommentieren muss. Mit welchem Recht?
      Alles Liebe dir, Julia

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