Nichts an dir ist verkehrt

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Du lebst wahrscheinlich, genauso wie ich, in einer Bubble, in der wir uns um die grundlegenden Dinge keine Sorgen machen müssen. Wir haben es warm, wir haben zu Essen und wir sind in Sicherheit. Du kannst lesen, schreiben und hast Raum zu reflektieren. Du denkst vielleicht gerne nach, bist manchmal unzufrieden und willst es besser machen. Nichts von all dem ist verkehrt.

Wenn du Kinder hast, wirst du vielleicht ganz besonders darauf achten, was richtig und was falsch ist. Vielleicht bist auch hin und hergerissen zwischen deinem Bauchgefühl und den Ratgebern, die sich auf deinem Nachttisch oder in deinen Favoriten tummeln. Du fragst dich was Achtsamkeit und Bindungsorientierung ist und wie du deine Kinder gut auf diese laute, schnelle Welt vorbereiten kannst und bist dabei selber überfordert. Nichts von all dem ist verkehrt.

Vielleicht hast du auch mal ein schlechtes Gewissen, weil du das alles nicht so schaffst wie du es dir vornimmst. Weil es viel ist, weil es neu ist und weil es verwirrend ist. Oder weil du einfach nur noch müde bist. Vielleicht macht es dir auch Angst, dass du keine Kontrolle mehr hast. Weil du vom Loslassen liest und hörst, aber es einfach nicht gelingen mag. Manchmal kommt auch eine Traurigkeit, eine Enttäuschung, dass nichts so ist, wie man es sich gedacht hat. Nichts von all dem ist verkehrt.

Vielleicht siehst du andere Eltern, bei denen alles so einfach aussieht und immer alles gelingt und du fragst dich warum das bei dir nicht so ist. Fragst dich vielleicht was du falsch machst. Du hast schon so oft gelesen, dass man sich nicht vergleichen soll und jetzt bist du sauer auf dich, weil du es trotzdem machst. Verdammt. Andere haben 5 Kinder, einen Job und einen Hund und schauen toll aus. Verdammt. Nichts von all dem ist verkehrt.

Du hast die Kinder vorm Fernseher geparkt, dem Babysitter noch eine extra Stunde gezahlt, warst länger in der Arbeit als notwendig, hast die Oma gebeten doch noch mal vorbei zu kommen, wolltest einfach mal ein wenig Zeit für dich. Hast heute keine Lust zu spielen, basteln, kochen oder putzen. Fragst dich ob du gut genug bist. Nichts von all dem ist verkehrt.

Du hast keine Lust auf Partnerzeit. Sex ist undenkbar. Du willst einfach nur alleine sein. Dich nur für dich haben. So viel Kontakt. Die Kinder, sie sind immer auf dir oder um dich herum. Du denkst dir, ich brauch Raum und Ruhe. Du fragst dich ob das immer so bleibt, hast Sorgen: „Fühlen sich alle noch genug geliebt? Liebe ich mich? Das muss ich ja auch noch machen, aber wie?“ Nichts von all dem ist verkehrt. 

Du hast Vertrauen. Du spürst, nichts an mir ist verkehrt.

© Text und Bild, sinn-impuls.at

2 KOMMENTARE

  1. […] Schön gesagt. Viele von uns sind einfach zu streng mit sich und blockieren sich mit unrealistisch hohen Ansprüchen, anstatt die Dinge (und sich selbst) einfach mal anzunehmen wie sie sind. Biegt man wieder einmal geradewegs in die dunkle Gasse Namens Unzufriedenheit und Selbstzweifel ein, helfen diese schönen Worte von Julia vom Blog Sinn Impuls. […]

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